Supermodels

Exposé (Kurzfassung)

Wetzel + Schuster begeben sich auf eine Spurensuche in der Geschichte fotografischer Frauenbilder – bei jenen Ikonen, die ihre eigene visuelle Sozialisation nachhaltig geprägt haben. In ihrer Serie rekonstruieren sie diese historischen Porträts – nicht als Nachahmung, sondern als Befragung. Indem sie selbst in die Rollen der einst bewunderten Modelle schlüpfen, stellen sie die in der Fotografie eingeschriebenen Machtverhältnisse und Wahrnehmungsmuster zur Disposition:

Was geschieht mit einem berühmten Bild, wenn Geschlecht und Alter vertauscht werden? Wie behaupten sich ästhetische Ideale in einem veränderten Kontext?

Die ausschließliche Verwendung von analogem SX-70-Polaroidfilm verwandelt ein nostalgisches Medium in ein konzeptuelles Werkzeug. Die Materialität des Polaroids – unmittelbar, fehleranfällig – ist zugleich eine Hommage an die Ära des „entscheidenden Moments“ und Mittel zur Konstruktion einer kohärenten visuellen Fiktion. So entsteht eine vielschichtige Reflexion über Autorenschaft, Blick und Geschlecht, über das fragile Verhältnis von Fotograf und Modell, Subjekt und Projektion. Gleichzeitig versteht sich die Arbeit als Würdigung jener oft anonymen Frauen, die die Geschichte der Fotografie aus dem Inneren ihrer Bilder heraus mitgeschrieben haben.

Exposé (Langfassung)

Wir beide – Daniel Wetzel und Gregor Schuster – haben 1988 gemeinsam die Lette- Fotoschule in Berlin abgeschlossen. Seitdem fotografieren wir immer wieder gemeinsam an Projekten, oft über viele Jahre hinweg. Die vorliegende Serie ist für uns eine ganz besondere Rückkehr: eine Rückkehr zur analogen Fotografie – zu einem bewussteren, entschleunigten Umgang mit dem Bild.

Nach Jahrzehnten digitaler Praxis, in denen Speicherplatz und Nachbearbeitung scheinbar keine Grenzen kennen, war uns der Schritt zurück in die Vergangenheit der Fotografie ein echtes Anliegen. Keine endlosen Serien, keine Auswahl aus hunderten Varianten, kein Retuschieren. Nur ein einziger, präziser Moment – der Moment des Auslösens. Was könnte da passender sein als das Medium der Sofortbildfotografie? Klick – und das Bild ist da.
Unmittelbar. Unwiederholbar.

Wir beide sind große Liebhaber der legendären Polaroid SX-70. Diese Kamera verfügt über einen Spiegelreflexsucher und ermöglicht dadurch eine exakte Bildkomposition – ein für das Sofortbild außergewöhnliches Maß an Kontrolle. Auch das einheitliche quadratische Bildformat der SX-70 war für unsere Arbeit entscheidend: Es erlaubte uns, ikonische Frauenbilder aus beinahe hundert Jahren Fotografiegeschichte in einen konsistenten formalen Rahmen zu übertragen – und damit die „Meisterwerke“ unterschiedlicher Epochen miteinander ins Gespräch zu bringen.

Inhaltlich ist die Serie eine Reflexion über unsere eigene fotografische Sozialisation. Als Teenager waren wir – wie viele andere auch – besonders fasziniert von Bildern von Frauen. In dieser Arbeit nähern wir uns jenen ikonografischen Motiven wieder an, die unser ästhetisches Empfinden und unsere fotografische Entwicklung geprägt haben.

Doch diesmal sind die Rollen vertauscht: Wir stellen uns selbst in die Position der damaligen weiblichen Modelle. Was bedeutet es, sich in eine bestimmte Pose begeben zu müssen, als – oft nackte – Projektionsfläche zu dienen? Wie verändert sich die Wahrnehmung eines bekannten Bildes, wenn das Modell plötzlich männlich ist – und deutlich älter als im Original? Halten die formalen Qualitäten eines Bildes dieser Verschiebung stand? Oder kippt der Kontext?

In dieser Serie verbinden wir visuelle Aneignung mit einem Akt der Hommage. Wir möchten den oft namenlosen Frauen, die in der Geschichte der Fotografie abgebildet – und oft übersehen – wurden, unsere Anerkennung aussprechen. Viele dieser Bilder wären ohne ihre Präsenz, ihre Haltung, ihre Bereitschaft zur Inszenierung nicht denkbar.

Im abschließenden Schritt haben wir die entstandenen Polaroids reproduziert und auf Hahnemühle PhotoRag in der Größe 30 x 30 cm gedruckt – um die Fragilität des Originals in eine präsentationsfähige, aber dennoch intime Form zu überführen.

Ergänzt wird die Serie durch ausgewählte Zitate der ursprünglichen Fotograf*innen und Modelle. Diese Worte verweisen auf den historischen Moment der Bildentstehung und erinnern an die Menschen hinter den Bildern. Denn Fotografie ist nie nur Bild – sie ist immer auch Beziehung, Blick, Macht und Erinnerung.

Technik

Die gesamte Arbeit besteht aus einer variablen Blockhängung ( siehe Ausstellungsansicht ).
Rahmung 40×50, Bildmass 30×30 mit auf Schreibmaschine geschriebenen Zitaten der Modelle oder der Fotografen auf kleinen Papierzetteln.
Optional könne einzelne Motive auch hervorgehoben werden und in einem grossen Format präsentiert werden.

Ausstellungsansichten – Reflektor Neukölln, Museum Osnabrück, Lisa Lyon: Rahmen+Text
Ausstellungsansicht - Reflektor Neukölln
Ausstellungsansicht - Museum Osnabrück
Ausstellungsansicht - Lisa Lyon: Rahmen+Text

Supermodels Ausstellungen

Fotonoviembre Festival

Felix Schöller Award, Winner

Museum Osnabrück

Rencontre de la Photographie d’Arles, La Nuit de L’Année

Palm Springs Photofestival, USA

Galerie Knauber

analogueNOW!, Hauptausstellung

Reflektor Neukölln, Einzelausstellung

Vintagephotofestival Fotografistka, Main Exhibition

OFF FOTO, Dezernat#1

Kunsthalle Darmstadt, Studio West

Vitae

Daniel Wetzel, Berlin

geboren 1962
1987 Abschluss am „Lette-Verein-Berlin“ FB Fotografie
seitdem freischaffender Fotograf.

Gregor Schuster, Darmstadt

geboren 1964
1987 Abschluss am „Lette-Verein-Berlin“ FB Fotografie,
seitdem freischaffender Fotograf.
seit 2005 Co-Kurator der „Darmstädter Tage der Fotografie“